10. Mai Tag gegen den Schlaganfall

10. Mai 2022 Tag gegen den Schlaganfall

Etwa 2,5 % der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland erleitet einen Schlaganfall, das sind ca. 200. 000 Menschen erstmalig pro Jahr und weitere 66.000 Menschen zum wiederholten Mal (vgl. Robert Koch Institut 2015, 45). Mit zunehmendem Alter erhöht sich das Schlaganfallrisiko erheblich. Doch in unserem Alltag begegnen wir kaum Menschen mit Schlaganfall, und das hat auch einen Grund: Viele Menschen erleiden langfristige oder sogar dauerhafte Beeinträchtigungen. Wenn eine Körperhälfte gelähmt ist, können sie nur eingeschränkt oder gar nicht laufen, Arm und Hand sind gelähmt, das Sprechen bereitet Mühe. Der Tag gegen den Schlaganfall möchte auf diese Situation aufmerksam machen.

Soziale Isolation nach Schlaganfall

Die Probleme beim Laufen können durch Hilfsmittel kompensiert werden, aber am meisten leiden Schlaganfallpatienten darunter, wenn ihnen die Sprache fehlt. Auch wenn sie genau wissen, was sie sagen wollen, fehlen ihnen die Worte. So kommt es immer wieder zu Missverständnissen, die häufig in Resignation münden. Und wer nimmt sich im Alltag wirklich die Zeit, um einen Menschen nach Schlaganfall wirklich verstehen zu wollen. Als Folge kommt es zum sozialen Rückzug.

Hausbesuche als Kontakt zur Außenwelt

Viele Menschen nach Schlaganfall sind für die Gesellschaft quasi unsichtbar. Sie leben allein oder mit ihren Angehörigen zurückgezogen von der Außenwelt. Oft sind Ärzte, Pfleger und Therapeuten der einzige Kontakt zur Außenwelt. Mein Hausbesuch hat daher eine viel größere Bedeutung als einfach nur das logopädische Üben. Es hat vor allem eine soziale Komponente. Eigentlich müsste ich mich nach genau 45 Minuten wieder verabschieden, aber es gelingt mir nicht. Also plane ich zwischen den einzelnen Hausbesuchen immer etwas mehr Zeit ein.

Hohe psychische Belastung

Meine Patienten sind hohen psychichen Belastungen ausgesetzt. Ihre Tagesverfassung wechselt stark, mal sind es körperliche Beschwerden, mal Müdigkeit. Ein weiterer Schlaganfall und Krankenhausaufenthalte sind keine Seltenheit. Sie leiden darunter, auf Hilfe angewiesen zu sein. Die Angehörigen wiederum fühlen sich mit der dauerhaften Pflege, der Organsation des Alltags, der Arzt- und Therapietermine überfordert und sind am Ende ihrer Kräfte. Aber auch dieses Leid ist unsichtbar, versteckt in den Wohnungen.

Wenn Qualitäten sichtbar werden

Als Berufsanfängerin war ich mit all diesen Begebenheiten selbst überfordert. Damals sprach noch niemand von Supervision und Psychohygiene für Therapeuten. Heute kann ich das Leid annehmen, so wie es ist, denn ich erlebe die sinnstiftenden und erfüllenden Momente. So fällt mir jetzt auf, dass das Wesen meiner Patienten viel deutlicher sichtbar ist. Es sind ganz leise Töne, die jetzt angeschlagen werden. Ganz ohne Sprache zeigen sich Demut, Bescheidenheit und auch die ganz kleinen Momente der Freude.

Was tun gegen den Schlaganfall?

Die Bezeichung „Tag GEGEN den Schlaganfall“ finde ich persönlich nicht besonders gut ausgewählt. Viel wichtiger ist es, WOFÜR man ist. Was können wir also tun, wenn ein Angehöriger einen Schlaganfall erleidet? Nach der medizinischen Grundversorgen ist der anspruchsvollste Schritt, wieder zurück ins Leben zu finden. Es gilt Möglichkeiten zu finden, trotz aller Einschränkungen wieder am Leben teilzuhaben. Die Selbsthilfegruppe Schlaganfall Halle-Saalkreis könnte eine erste Anlaufstelle sein. Mehr Informationen finden Sie hier.

Erfahren Sie mehr über meine Arbeit im Hausbesuch hier.