"Ich hab kein Bock!"

„Ich hab kein Bock!“

"Ich hab kein Bock!"

Dominik ist zwölf und lebt in der Wohngruppe. Wenn er etwas sagt, kann man ihn kaum verstehen, so undeutlich spricht er. Ständig muss nachgefragt werden. Lesen und schreiben kann er kaum. Man hat mich gebeten, mit ihm zu arbeiten.

Austesten und provozieren

Wie die meisten Kinder aus Wohngruppen und Kinderheimen testet Dominik erst einmal aus, wie weit er in seinem Verhalten gehen kann. Laut krachend schlägt er die Tür hinter sich zu, kippelt, verwendet Schimpfwörter. Ich kenne das und ignoriere es einfach. Tatsächlich wird Dominik schnell ruhiger, und er erhält die erste Aufgabe von mir. Doch Dominik zeigt kein Interesse und ist luslos bei der Sache. Er will die Übung so schell wie möglich hinter sich bringen.

Fehlende Leistungsanforderungen

Da die Verständlichkeit am meisten betroffen ist, arbeiten wir zunächst an der Aussprache. Ich plane meine Therapiestunden stets so, dass sie möglichst abwechslungsreich sind. Dennoch braucht es intensive Übungssequenzen und zahlreiche Wiederholungen. Das ist Dominik nicht gewöhnt. In der Schule gibt es keine Hausaufgaben, der Unterricht fällt ständig aus, die Lust am Lernen fehlt. Da von ihm in der Schule keine Leistungen eingefordert werden, bleibt er sich selbst überlassen.

Die Lust am "chillen"

Statt eigene Interessen und Neigungen zu entwickeln und diesen nachzugehen, hockt Dominik nachmittags in der Ecke und vertreibt sich die Langeweile. Doch wie heißt es so schön: "Müßiggang ist aller Laster Anfang." Und so kommt es, dass sich diese Lustlosigkeit bis in die Therapiestunde zieht. Ich kann Dominik für nichts begeistern, kann keine Interessen in die Therapie einbeziehen, kann ihm nicht die Freude am Lernen vermitteln. Er sagt es mir direkt ins Gesicht: "Ich hab kein Bock!".

Therapieabbruch

Wir versuchen es über eine geraume Zeit miteinander. Jede Woche probiere es es auf`s Neue, doch es gelingt mir nicht. Die Therapie wäre wichtig für ihn, gleichzeitig kann niemand dazu gezwungen werden. Lange berate ich mit den Betreuern. Am Ende breche ich die Therapie ab. Auch das gehört zu meiner Arbeit. Dominik sehe ich nach wie vor, wenn er weiterhin mit seinen Freunden "abhängt". Meinem Blick weicht er aus, er will mich nicht sehen.