Kunsttherapie bei Rückenschmerzen

Kunsttherapie bei Rückenschmerzen

Kunsttherapie bei Rückenschmerzen

Frau Sommer leidet unter Rückenschmerzen. Sie kommt zu mir wegen einer anderer Thematik, bis sie eher beiläufig davon berichtet. Nach und nach stellt sich heraus, dass sie immer wieder in ihrem Leben Beschwerden hatte. Ich frage sie, ob sie einverstanden ist, die Schmerzen genauer anzuschauen, und sie willigt ein.

"Malen Sie Ihren Rücken"

Ich bitte Frau Sommer, ihren Rücken zu malen. Mit schnellen, dynamischen Bewegungen malt sie ihn auf ein großes Blatt Papier. Sie will schnell mit der Aufgabe fertig werden, denn sie fühlt sich nicht wohl damit. Es enstehen bunte Farbschichten auf dem Papier: rot, blau, grün. Im unteren Bereich  verwendet sie schwarz. Sofort spürt sie den Schmerz im unteren Rückenbereich. Frau Sommer zeigt auf die schwarze Farbschicht auf dem Papier: "Genau da tut es weh."

Wenn sich Lebensthemen zeigen

Die Rückenschmerzen begleiten Frau Sommer schon lange. Wir tasten uns biografisch voran. Sie kann die wiederkehrenden Schmerzen genau bestimmten Lebensereignissen zuordnen: in der Schule, im Beruf usw. Immer wieder war sie Situationen ausgesetzt, in denen man ihren Willen brechen wollte. Die Situationen reihen sich wie auf einer Perlenschnur aneinander. Jetzt versuche man sie wieder, zu etwas zu zwingen, was sie mit ihren Werten nicht vertreten könne. Und promt meldet sich der Rückenschmerz. Ohne einen gesunden Rücken können wir uns nicht bewegen, wir können nicht aufrecht durch`s Leben gehen, wir haben wortwörtlich kein Rückrad mehr.

Bilder übermalen

In der nächsten Stunde frage ich Frau Sommer, ob sie sich vorstellen könne, den schwarzen Teil des Bildes zu übermalen. Doch sie hat eine andere Idee: sie schneidet einfach die schwarze Stelle heraus. Auf einem neuen Blatt Papier verwendet sie rosa und violett und fügt es dann in  die fehlende Stelle ein. Für einige Wochen liegt das unfertige Bild in meiner Praxis, bis sie daran weiterarbeitet. Dann entsteht wieder eine Pause bis zum nächsten Arbeitsschritt - der nächsten seelischen Auseinandersetzung. Lebensthemen, die immer wieder auftauchen, brauchen viel Zeit. Frau Sommer malt, klebt, druckt, collagiert. Manchmal wird der Rückenschmerz beim Gestalten stärker, dann lässt er wieder nach. So geht das über etliche Monate. Am Ende ist das ursprüngliche Bild nicht mehr wiederzuerkennen.

Ein bisschen wie Magie

Beim Malen fühlen wir uns stark in unsere Themen ein, so dass wir dabei Freude, Wut, Trauer aber auch körperliche Schmerzen empfinden können. Daher ist es meine Aufgabe, den Prozess behutsam zu begleiten und sehr präsent zu sein. Beim Gestalten können sich aber auch die Emotionen verändern. Wenn wir negativ besetzte Bilder übermalen, können wir unsere Gedanken und Gefühle positiv überschreiben. Es entsteht ein neuen, schönes Bild. Gleichzeitig machen wir die Erfahrung, dass wir Dinge verändern können und damit handlungsfähig sind.

Ein starker, aufrechter Rücken

Nach monatelanger Arbeit ist aus dem Bild mit dem großen schwarzen Fleck ein völlig anderes entstanden. Helle, lasierende Farben füllen das große Format. In der Mitte befindet sich ein vertikaler Streifen in kräftigem Blau - die Wirbelsäule. Sie ist gefüllt von goldenen Blüten, die auch die Seitenränder umgeben. Frau Sommer ist zufrieden mit ihrem Werk. In der Zwischenzeit ist viel in ihren Leben passiert. Sie ist ihren Werten treu geblieben und hat  "Rückrad gezeigt". Heute ist sie erfolgreicher als zuvor, und die Rückenschmerzen sind verschwunden.