Mein Therapieschrank

Mein Therapieschrank

Ein Schrank voller Erfahrungen

Wenn Sie meinen Therapieraum betreten, so wird Ihnen sofort mein ungewöhnlicher Therapieschrank auffallen. Er steht auf der Stirnseite und ist unübersehbar. Zunächst einmal fällt das Äußere auf: der Schrank ist ein altes Buffet aus den dreißiger Jahren. Während der untere Teil mit Türen verschlossen ist, ist der obere Teil verglast. Beide Teile wurde in einem Stück aus massivem Holz gebaut. Sie lassen sich nicht wie ein IKEA-Möbelstück auseinanderbauen.

Stauraum für mein Handwerkszeug

Hinter den Türen verbergen sich etliche Testverfahren zur Diagnostik, die viel Platz einnehmen. Hinzu kommen Materialien für die Kunsttherapie und Logopädie. Ich mag offene Regale in Therapieräumen nicht, weil sie zu sehr ablenken. Mein Raum soll möglichst frei von Ablenkungen sein, damit sich gerade meine kleinen Patienten gut auf die Therapie einlassen können. Dagegen mag es erwachsene Patienen befremden, wenn sie einen Raum voller Spielzeug betreten. Der Schrank leistet mit seinem enormen Stauraum einen guten Dienst.

Eine Fülle von Therapiematerialien

Besonders interessant ist der Schrankaufsatz. Hier habe ich lauter Schätze zusammengetragen: Glasmurmeln, Pinsel, Stifte, Stempel und zahlreiche Naturmaterialien. All diese Dinge lassen sich wunderbar für die Logopädie und Kunsttherapie einsetzen. Oft lade ich meine Patienten ein, sich die passenden Materialien für die Kunsttherapie selbst auszuwählen. Besonders Kinder sind fasziniert von meinem Therapieschrank. Wenn sie noch nicht das passende Wort kennen, dann zeigen sie auf die Gegenstände. Dann klettern sie auf den Schrank, drehen die Schlüssel um (Stichwort Feinmotorik) und erkunden den Inhalt. Haben sie sich für etwas entschieden, integriere ich das Material in die Therapie. Kinder sprechen in solchen Situationen mehr als bei Regelspielen, so dass ich diesen Umstand gezielt für die Logopädie nutze.

Schrank mit (m)einer Geschichte

Der Schrank bedeutet mir sehr viel, denn er hat eine bewegte Geschichte: Es ist ein Familienerbstück, dass lange im Keller sein Dasein fristete. Als ich in der Schweiz arbeitete, ließ ich ihn aufwändig restaurieren und nahm ihn mit. Er wurde ein Stück Heimat in der Fremde und wurde stummer Zeuge meines Alltags. Schließlich trat der Schrank wieder seinen weiten Weg nach Hause an. Unter der Zeit im Großraumbüro aus Beton und Glas habe ich gelitten, in so einer Umgebung wollte ich nicht mehr arbeiten. Und so sollten die Therapieräume meine eigene Handschrift tragen. Der alte Schrank wurde somit zum Zentrum meines Arbeitsumfelds. Er steht stellvertretend für die vielen Erfahrungen, die ich in der Ferne gesammelt habe: die menschlichen Begegnungen, neue Erkenntnisse, Niederlagen und Erfolge, Freuden und Sorgen. Der Schrank symbolisiert meinen eigenen Weg, die innere Suche und das Ankommen. Jetzt bin ich zu Hause angekommen, der Schrank steht an seinem richtigen Platz. Meine Erfahrungen teile ich nun mit meinen Patienten und begleite sie damit ein Stück auf ihrem eigenen Weg.